Therapeuten 

CIRS: Critical Incident Reporting System

Als Critical Incident Reporting System, kurz CIRS, bezeichnet manBerichterstattungssysteme zur anonymen Meldung von kritischen Ereignissen(critical incident) oder auch Beinahe-Fehlern (near miss) in Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Luftfahrt. Es ist ein„Fehlerberichts- und Lernsystem“

Mit Hilfe des 3Be-Systems (Berichten – Bearbeiten – Beheben) können erkannte Risiken bearbeitet werden, um so aus den identifizierten kritischen Situationen und Risiken Strategien zur Vermeidung und Handhabung zu entwickeln und umzusetzen. Da sich die aus dem 3Be-System entwickelten Verbesserungsmaßnahmen an den realen Gegebenheiten vor Ort orientieren, kann so ein Risikomanagement individuellen Zuschnitts entstehen, das den Bedürfnissen des eigenen Hauses Rechnung trägt und dabei noch kostengünstig, ressourceneffizient und -effektiv ist.

Ist ein Zwischenfall aufgetreten, so gilt es primär, die folgenden drei Fragen zu erörtern:

  1. Ist eine relevante und möglicherweise bleibende Schädigung einer Patientin/eines Patienten aufgetreten?
  2. Handelt es sich um einen meldepflichtigen Fall?
  3. Könnte sich ein derartiger Zwischenfall potenziell wiederholen – in der eigenen Praxis, in der engeren Region oder überregional?

"CIRS – aus Fehlern lernen"

Das Ziel des Meldesystems ist, dass Kolleginnen und Kollegen von Missgeschicken, die einzelnen unterlaufen sind, lernen können. CIRS soll auch für Lernprozesse und zur Qualitätssicherung breit genutzt werden können. So sollen Zwischenfälle auch in Qualitätszirkeln besprochen werden. Die Analyse der Zwischenfälle führt zu einem übergeordneten Lerneffekt und soll einen Qualitätsverbesserungszyklus anstossen.

Alle interessierten Kolleginnen und Kollegen und insbesondere Moderator/-innen von Qualitätszirkeln sind gebeten, regelmässig exemplarische Fälle einzugeben, damit das CIRS wachsen kann. Die Fälle können an die Geschäftsführung, Isabelle Gysi gfPZhi0cRUWMjh9uzsvtptp.cheingegeben werden und werden dann anonym auf der Webseite aufgeschaltet. Es ist kein an den Pranger stellen, sondern gemeinsam lernen und uns verbessern

Zwischenfälle können in verschiedene Gebiete eingeteilt werden:

  1. Diagnostik: z.B. übersehen eines wichtigen Hinweises, Flagkonzept nicht oder unvollständig beachtet.
  2. Therapie: z.B. inkorrekte Dosierung, Interaktion verschiedener Behandlunsgmassnahmen oder Therapien übersehen / missachtet; langer ausbleibender Therapieerfolg nicht beachtet
  3. Kommunikation: z.B. indirekte Kommunikation, die Fehler hervorruft; Therapieziele ungenau kommuniziert, Therapieabfolge unklar kommuniziert; ungeeigneter Kommunikationskanal gewählt; unerwartete / schwierige Kommunikation mit Besitzer oder Zuweiser etc. Missverständnis in der Kommunikation.
  4. Organisation: z.B. Fehlplanung in der Route; Missachten von möglichem hohen Verkehrsaufkommen; zu dichte Planung; Dringlichkeit des Falles falsch eingeschätzt; Fehler nicht erkannt, nicht kommuniziert.

Was suchen wir?

Behandlungs- / Erfahrungskurzberichte mit dem Ziel:

Aus Fehlern anderer Therapierender lernen, ohne die Erfahrung selbst machen zu müssen. Oder andersrum, seine eigenen Erfahrungen Aufarbeiten und mit anderen Therapierenden teilen und so vor potenziellen Gefahren warnen. Ein freier Erfahrungsaustausch von Therapeuten für Therapeuten.

Schlussendlich soll einübergeordneter Lerneffekt und ein Qualitätsverbesserungszyklus angestossen werden.

Beispiele:

Therapie:

Dem Tierphysiotherapeuten wird ein Pferd mit einer Beugesehnenproblematik vorgestellt. Der Besitzer ist sehr interessiert möglichst viel selber zu machen und scheint fast übermotiviert, um sein Pferd so schnell wie möglich wieder einsatzbereit zu haben.
Der Tierphysiotherapeut entscheidet sich zusätzlich zu seinen Behandlungen in der Zwischenzeit dem Besitzer manuelle Handgriffe zu instruieren und eine Lasertherapie gleichzeitig anzuwenden, die der Besitzer gemäss Instruktion selber ausführen kann. Der Besitzer wird gründlich instruiert und auch über die Dosierung informiert.
Bei der nächsten Behandlung ist das Bein deutlich mehr geschwollen als bei der letzten Sitzung. Der Tierphysiotherapeut versucht zu evaluieren warum die Schwellung zugenommen und nicht wie erwartet abgenommen hat. Nachdem alles Mögliche als Auslöser ausgeschlossen wurde, fragt der Therapeut nochmals genau nach wie die Lasertherapie ausgeführt wird. Der übermotivierte Besitzer dachte, je mehr desto besser und hat statt der angeleiteten einmal täglichen Behandlung, die Lasertherapie 3-mal am Tag durchgeführt, was zu einer Überreizung der Strukturen geführt hat.


Lerneffekt:
Bei der Instruktion des Besitzers bezüglich Ausführung von therapeutischen Handgriffen oder apparativen Massnahmen genau darauf achten, dass wir die Dosierung erklären und auch die Folgen einer Über- bzw. Unterschreitung dieser erklären.

Kommunikation:

Ein Pferd wird dem Therapeuten überwiesen, um Rückenverspannungen zu lösen. Das Pferd hat eine distale Problematik am Fesselgelenk hinten rechts. Für den Tierarzt ist das das zu behandelnde primäre Problem und die Rückenprobleme eher sekundär. Der Besitzer diskutiert während der Behandlung mit dem Therapeuten, was er über die Problematik denkt. Es werden Meinungen ausgetauscht und dabei fällt auch die Aussage, dass es allenfalls auch möglich ist, dass die Rückenverspannung und eigeschränkte Beweglichkeit schon länger besteht und so das distale Problem begünstigt hat.

Der Besitzer (eine etwas «heikle» Person gemäss TA) hat anschliessend mit dem TA gesprochen und gesagt, dass der Therapeut gesagt hätte, dass das Rückenproblem sicher primär sei. Dabei hat der Besitzer auch seine Interpretationen dazu eingefügt. Worauf es eine Diskussion TA-Therapeut gab mit dem Fazit, dass beide dasselbe sagen sollten, um beim Besitzer glaubhaft zu bleiben.

Lerneffekt:
Bei unterschiedlichen Ansichten bezüglich Ursache / Verhalten des Problems Immer möglichst unverzüglich nach der Behandlung das Gespräch mit dem TA suchen und mit ihm Besprechen, bevor der Besitzer selber mit seiner Variante an den TA gelangt.

Kommunikation:
Die Hundetrainerin, welche einen Hund mit einer unklaren Diagnose aber klar sichtbaren Gangproblemen in Bezug auf eine Verhaltensproblematik im Training hat, empfiehlt der Besitzerin eine physiotherapeutische Behandlung. Da der Hund eine unklare Vergangenheit hat und viele Alltagssituationen noch stressig sind, wird von der Hundetrainerin nach Rücksprache mit der Besitzerin ein Termin zu dritt festgelegt, damit die Trainerin die Besitzerin im Management des Hundes unterstützen kann. Der Hund ist noch nicht an den Maulkorb gewöhnt. Da bisher keine Agressionsproblematik sichtbar wurde, stimmt der Therapeut einer Behandlung ohne Maulkorb in Anwesenheit der Trainerin zu.
Nach einer kurzen Kennenlernphase lässt sich der Hund gut anfassen und behandeln Zusammen mit der Trainerin wird entschieden, dem Hund immer wieder Pausen zu geben und vor allem Freiraum zu geben, um sich zurückziehen zu können. Bei der Behandlung fällt dem Therapeuten auf, dass der Hund sicher tierärztlich genauer untersucht werden müsste und teilt dies den anwesenden Personen mit (Dolenz). Die Behandlung geht dem Ende zu, die Besitzerin entfernt sich mit dem Hund an der Leine und steht zusammen mit der Hundetrainerin einige Meter entfernt. Als der Therapeut ebenfalls vom Boden aufsteht, greift der Hund den Therapeuten unvermittelt an, ein Biss wird glücklicherweise vermieden, da der Hund an der Leine ist.

Lerneffekt:
Sich nicht durch Anwesenheitvon anderen Fachpersonen in Sicherheit wähnen und ablenken lassen. Immer während der gesamten Therapiezeit aufmerksam bleiben, v.a. auch am Ende der Behandlung. Vorsicht bei unsicheren Hunden bei der Behandlung am Boden, v.a. beim Aufstehen, das der Hund als Bedrohung auffassen kann.

Organisation:

Die Tierphysiotherapeutin arbeitet zum ersten Mal in einer grossen Tierklinik. Sie soll eine stationäre Katze mit Parese an der Hinterhand nach Unfall behandeln. Auf der Katzenstation ist extrem viel Betrieb und es gibt zurzeit keinen Platz, die Katze vor Ort zu behandeln. Die am Limit laufenden TPA’s raten, die Katze hoch in die Physiotherapie mitzunehmen für die Behandlung. Auf die Frage, wie die Katze transportiert werden soll, meint eine der Angestellten, sie könne einfach auf den Arm genommen werden, die sei eine Liebe und könne ja durch ihre Verletzung eh nicht weglaufen. Auf dem Weg zum Therapieraum läuft die Tierphysiotherapeutin der behandelnden Oberärztin in die Arme und kassiert einen Vortrag über sicheren Transport von Tieren in einer Klinik (auch wenn das Tier noch nicht mobil war, der Weg vorbei am Haupteingang und Warteraum mit vielen Hunden war einfach gefährlich mit einem ungesicherten,der Klinik anvertrautenTier).

Lerneffekt:

An neuen Arbeitsstellen die Gepflogenheiten und Sicherheitsstandards immer erfragen. Sich nicht durch gestresstes Personal abwimmeln und irritieren lassen. Katzen sind auch innerhalb der Klinik aus Sicherheitsgründen immer in der Transportboxe zu transportieren.