«Tierphysiotherapeutinnen arbeiten in eigener Verantwortlichkeit»
Berufsbild gemäss Prüfungsordnung über die höhere Fachprüfung
für Tierphysiotherapeutin/Tierphysiotherapeut
- Arbeitsgebiet
- Berufliche Handlungskompetenzen
- Berufsausübung
- Beitrag des Berufes an die Gesellschaft
Arbeitsgebiet
Diplomierte Tierphysiotherapeutinnen sind meist selbständig Erwerbende in Voll- oder Teilzeit. Sie führen eine eigene Praxis (vor Ort oder Heim- bzw. Stallbesuche) oder arbeiten auf meist selbständiger Basis in einer Tierklinik oder Tierarztpraxis. Dadurch sind sie therapeutisch und unternehmerisch gefordert.
Sie sind sowohl in der Prävention, nach Unfall oder Operationen, bei funktionellen und/oder strukturellen Störungen im Körper des Tieres als auch in der Rehabilitation tätig. Dabei arbeiten sie mit Klein- und Grosstieren.
Berufliche Handlungskompetenzen
Die Arbeit der Tierphysiotherapeutinnen zeichnet sich durch hohe Selbständigkeit und hohe Verantwortung aus. Voraussetzung für die Arbeit am Tier ist immer eine gute Vertrauensbeziehung zwischen Tierphysiotherapeutinnen und Tier sowie den Tierbesitzerinnen. Tierphysiotherapeutinnen sind nahe Ansprechpersonen für die Tierbesitzerinnen, gerade bei finalen Problemen des Tieres und anderen ethischen Entscheidungen. Dies bedingt, dass Tierphysiotherapeutinnen über ein klares Rollenverständnis und ethische Werte verfügen. Sie planen und reflektieren ihre Entscheidungen und Handlungen selbstkritisch und vermitteln diese gut verständlich den Tierbesitzerinnen und anderen involvierten Fachpersonen.
Tierphysiotherapeutinnen erkennen aber auch in allen Phasen ihrer Tätigkeiten die Grenzen der tierphysiotherapeutischen Möglichkeiten und respektieren die ethischen Werte. Sie erkennen, wann eine veterinärmedizinische Abklärung oder Behandlung nötig ist und können auch ansteckende Erkrankungen und Tierseuchen sowie Verletzungen der Tierschutzgesetzgebung feststellen. In solchen Fällen initiieren sie die notwendigen Massnahmen wie das Weiterleiten an andere Fachleute oder die Information der zuständigen Amtstierärztin.
Die Tierbesitzerinnen - die Kundinnen - kommen direkt zu den Tierphysiotherapeutinnen oder sie werden durch die Tierärztin an sie verwiesen. Es liegt in der Verantwortung der Tierphysiotherapeutinnen an die für die kompetente Behandlung des Tieres relevanten Informationen wie Beobachtungen der Tierbesitzerinnen, tierärztliche Diagnosen, Krankengeschichten, Röntgenbilder oder Operationsberichte zu gelangen, diese zu analysieren und die Ergebnisse in die weitere Arbeit einzubeziehen.
Für eine effiziente Behandlung lesen und interpretieren Tierphysiotherapeutinnen zuerst die allenfalls vorhandene tierärztliche Diagnose und analysieren das von den Tierhalterinnen geschilderte Problem. Aufgrund von eigenen Beobachtungen und spezifischer tierphysiotherapeutischer Untersuchungen wie Inspektion, Palpation und Beurteilung der Gelenksbeweglichkeit sowie ergänzender Tests erfassen und analysieren sie den Zustand des Tieres. Auch Schmerzreaktionen des Tieres sowie die Passform der Ausrüstung werden beurteilt. Sie greifen dabei auf ihr breites Wissen in Anatomie, Physiologie, Neurologie, Pathologie und Biomechanik zurück.
Sind die funktionellen Probleme erkannt, besprechen sie mit den Tierbesitzerinnen die Therapieziele und erstellen den Behandlungsplan. Je nach Krankheitsbild, gesetztem Ziel und allfälligen anderen Erkrankungen und Behandlungen wählen Tierphysiotherapeutinnen adäquate Therapieformen und Techniken. Sie setzen neben manuellen (z.B. Weichteiltechniken, Gelenksmobilisationen, manuelle Lymphdrainage) und apparativen Behandlungsmethoden auch aktive Therapie und Heimübungen ein (z.B. aktive Bewegungsübungen). Dadurch werden Beweglichkeit, Kraft, Koordination, Gleichgewicht und Ausdauer der Tiere positiv beeinflusst. Die Tierphysiotherapeutinnen kontrollieren und dokumentieren ständig den Behandlungsverlauf, so dass die Erfolge ihrer Arbeit ersichtlich sind oder die Behandlung angepasst werden kann.
Auf Grund des umfassenden Arbeitsgebietes ist die Zusammenarbeit mit den Tierbesitzerinnen, den Tierärztinnen, der zuständigen Amtstierärztin und anderen Fachpersonen wie z.B. mit Tierpflegerinnen oder Trainerinnen von grosser Bedeutung. Die Tierphysiotherapeutinnen arbeiten dabei oft als Fallkoordinatorinnen. Sie besprechen den Fall mit den anderen beteiligten Fachpersonen und den Tierbesitzerinnen und instruieren diese in Bezug auf das optimale Management, Heimübungen oder zu verwendende Hilfsmittel.
Selbständig erwerbende Tierphysiotherapeutinnen führen ein eigenes Unternehmen. Sie stellen das Betriebsmanagement sicher und bearbeiten dazu Versicherungsfragen, steuern die Finanzen und das Controlling, setzen Marketingmassnahmen um und stellen die Administration und Infrastruktur ihres Unternehmens sicher.
Von grosser Bedeutung ist das Qualitätsmanagement in ihrem Unternehmen. Sie gewährleisten die Arbeitssicherheit von Mensch und Tier durch kompetente Kenntnisse des Verhaltens der verschiedenen Tierarten und dem Umgang mit diesen. Zusätzlich beachten sie die Hygiene in allen Arbeitssituationen.
Tierphysiotherapeutinnen bilden sich kontinuierlich weiter und integrieren neueste wissenschaftliche Erkenntnisse selbständig in den Berufsalltag.
Die einzelnen Handlungskompetenzen sind in der Übersicht der Handlungskompetenzen und im Qualifikationsprofil detailliert beschrieben.
Berufsausübung
Tierphysiotherapeutinnen arbeiten in einem anspruchsvollen Arbeitsumfeld. Ihre Arbeit ist körperlich anstrengend und sie sind bei der Arbeit mit Grosstieren oft der Witterung ausgesetzt. Der Umgang mit den Tieren, den Tierbesitzerinnen und dem Umfeld kann auch psychisch belastend sein.
Tierphysiotherapeutinnen sind gefordert, für sich verändernde Problemstellungen innovative Lösungen zu finden. Die Ansprüche der Tierbesitzerinnen an ihre Tiere nehmen zu. Damit steigt oft auch die Belastung der Tiere in Sport und Freizeit und so auch der Anspruch auf eine erfolgreiche tierphysiotherapeutische Behandlung. Die Tierphysiotherapeutinnen arbeiten mit hohem Verantwortungsbewusstsein und selbständig. Gerade in akuten Situationen ist rasches und adäquates Handeln notwendig.
Beitrag des Berufes an die Gesellschaft
Tierphysiotherapeutinnen zeigen Lösungswege auf, wie Störungen im Bewegungsverhalten und körperliche Schmerzen der Tiere beseitigt oder vermindert werden können. Durch ihre Arbeit kann der Einsatz von Medikamenten teilweise reduziert oder vollständig vermieden werden.
Mit geeigneten physiotherapeutischen Methoden optimieren sie die körperliche Funktionstüchtigkeit der Tiere. Damit steigern sie das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Tiere, der Tierbesitzerinnen und des weiteren Umfeldes.
Durch das Erkennen von Tierseuchen und weiteren ansteckenden Krankheiten sowie von Verletzungen der Tierschutzgesetzgebung leisten sie einen Beitrag an die Gesundheit von Tier und Mensch.
«Tiere in ihrem Heilungsprozess zu unterstützen
ist eine erfüllende Berufung.»